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„Krankenhäuser erwarten eine zukunftsfähige, flexible Infrastruktur“

Tobias Schlecht und Daniel Heine im DMEA-Interview. Foto: nexus AG
Was sind bei der NEXUS AG die großen DMEA-Themen in diesem Jahr?
Daniel Heine: Die Themen, die uns in den letzten Jahren beschäftigt haben, beschäftigen uns weiterhin, und da setzen wir auch erneut die Schwerpunkte bei der diesjährigen DMEA. Das ist zum einen die Ablösung der SAP-Abrechnungssoftware IS-H und des auf IS-H aufsetzenden KIS i.s.h.med, von der sehr viele Häuser betroffen sind. Dieses Thema hängt eng zusammen mit der Frage: Wie sieht eine zukunftsfähige KIS-Infrastruktur eigentlich aus? Welche Rolle spielen die Cloud bzw. der Web-Arbeitsplatz? In welchem Umfang werden Managed Services genutzt? Zu diesem ganzen Themenfeld werden wir bei der DMEA einiges zeigen können. Das zweite große Thema ist, dass die Krankenhaus-IT in Zeiten des immer gravierender werdenden Personalmangels zunehmend intelligenter werden muss, um den Arbeitsaufwand für Ärzteschaft und Pflege zu reduzieren. Dazu nutzen wir künstliche Intelligenz in unterschiedlichen Facetten, und auch das ist bei der DMEA konkret zu sehen.
Wie sieht sie denn aus, die zukunftsfähige KIS-Infrastruktur?
Tobias Schlecht: Immer mehr Kunden wünschen sich, dass ihr KIS auch als Cloud-Anwendung funktioniert. Dabei geht es nicht nur um Private-Cloud-Installationen, sondern zunehmend auch um die Nutzung der Public Cloud. Vielleicht nicht für das gesamte KIS, aber für Teilfunktionen, die bestmöglich integriert sein müssen in die gesamte KIS-Infrastruktur. Für uns als KIS-Anbieter bedeutet das: Wir müssen komplette Web-Arbeitsplätze anbieten können. Wir haben erste Schritte dorthin im letzten Jahr auf der DMEA gezeigt und sind jetzt ein ganzes Stück weiter, sodass dass das Thema Web-KIS in diesem Jahr viel Raum bei unserem DMEA-Auftritt einnehmen wird.
Werden Cloud und Managed Services durch die Krankenhausreform noch attraktiver?
Tobias Schlecht: Wir spüren das im Markt noch nicht, aber die Krankenhausreform hat ja auch noch gar nicht richtig begonnen. Generell sind wir überzeugt, dass die Zeiten vorbei sind, in denen Krankenhausdigitalisierung gleichbedeutend war mit großen, monolithischen KIS. Krankenhäuser erwarten heute eine flexible Infrastruktur, die auch kleinere Einheiten bedienen kann und die es erlaubt, in politisch dynamischen Zeiten neue Funktionen flexibel zu ergänzen. Mit unserer neuen KIS-Generation, NEXUS / KISNG – und all unseren anderen Lösungen – können wir genau das bieten. Wir folgen einem interoperablen Plattformgedanken. Einzelne Anwendungen können separat umgesetzt oder vorgezogen werden, Cloud-Module lassen sich mit On-premise-Installationen verzahnen. Das ist nicht zuletzt für Kliniken interessant, die IS-H ablösen müssen. Wir haben auch ein eigenes Forschungs- und Entwicklungsprojekt, Hybrid-KIS genannt, bei dem Cloud-basierte Funktionen und On-premise-Installationen nahtlos unter gemeinsamer Oberfläche laufen. Den Anfang machen klinische Arbeitsplätze: Den Visitenarbeitsplatz können wir schon heute komplett endgeräteunabhängig zur Verfügung stellen. Am Ende wird es darum gehen, KIS-Funktionen aller Art dynamisch hin- und herschieben zu können. Dann bräuchte ein Krankenhaus zum Beispiel keinen riesigen Server mehr, nur weil sich morgens eine große Zahl an Pflegekräften gleichzeitig am System anmeldet. An dieser Stelle würde dann die Cloud einspringen.
Stichwort IS-H-Ablöse: Wie groß ist hier mittlerweile der Druck aus dem Markt?
Daniel Heine: Es gibt immer noch viel Verunsicherung, aber wir können helfen, sie abzubauen. Wir haben als SAP-Partner seit über zehn Jahren breite Erfahrungen mit SAP-Infrastrukturen. Das betrifft die für viele Häuser relevante Umstellung auf S4/HANA, aber eben auch IS-H. Wir haben mittlerweile bei rund 35 Bestandskunden die Abrechnung von IS-H auf unser eigenes System umgestellt. Viele Kunden wollen aber nicht nur ein neues Abrechnungssystem, die orientieren sich dann auch beim KIS neu. Und da können wir ein attraktives Angebot machen – bis hin zu einem kompletten Web-KIS. Der Charme an dem Web-KIS-Ansatz ist, dass bei einer IS-H/i.s.h.med Ablöse nicht gleich die komplette Infrastruktur auf links gedreht werden muss. Es wird vielmehr möglich, schrittweise vorzugehen. Das Konzept scheint attraktiv zu sein, denn von den Ausschreibungen, die bisher gelaufen sind, hat die NEXUS AG ein überproportional großes Stück vom Kuchen abbekommen. Wir werden immer mehr zu einem echten Spezialisten für IS-H-Ablösen.
Macht der Web-KIS-Ansatz es auch leichter, KI-Module zu implementieren?
Daniel Heine: Auf jeden Fall. Und das nimmt gerade wirklich Fahrt auf. Wir reden hier mittlerweile von alltagstauglichen, ausgereiften Anwendungen, die von immer mehr Kunden aktiv eingesetzt werden. Ein Bereich, in dem wir eine ganze Reihe von Anwendungen zeigen können, ist die Risikoprädiktion. Hier haben wir eigene Module zum Beispiel zur Sepsis-Früherkennung, zur Abschätzung des Sturz-, Delir-, Dekubitus- und Thromboembolie-Risikos und zur Pflegebedarfsermittlung. Neben solchen Prädiktionsmodellen, die mit Mustererkennung arbeiten, haben wir auch eine ganze Reihe an regelbasierten Modellen im Angebot, beispielsweise klassische Alert-Funktionen, die unterschiedlichste KIS-Daten nutzen, um das medizinische Personal im Alltag zu unterstützen.
Wie flexibel können diese KI-Tools auf die individuellen Bedürfnisse angepasst werden?
Tobias Schlecht: Das ist, wie immer bei NEXUS-Lösungen, sehr flexibel. Wir können problemlos auch Module von Drittanbietern anbinden. Und unsere eigenen Tools liefern wir im Normalfall vorkonfiguriert. Damit sind sie sofort einsetzbar, können aber mit Hilfe eines Editors bei Bedarf individuell angepasst werden. Wir nutzen KI übrigens auch für die automatische Erkennung von Dokumententypen auf PDF-Basis. Das ist ziemlich erfolgreich, läuft komplett im Hintergrund und entlastet das medizinische Personal sowohl bei der Dokumentation als auch bei der Suche. Solche KI-Assistenten im Hintergrund werden in Zeiten zunehmender Personalknappheit immer wichtiger.