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Warum Europa an seinem AI Act festhalten sollte

Dr. Anna Christmann
Vertrauenswürdige KI-Lösungen könnten für Europa zu einem Markenzeichen werden, das selbstbewusst nach außen getragen werden könne, betonte die Beauftragte für Digitale Wirtschaft und Start-ups im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in ihrer Keynote auf der DMEA.
„Wir haben uns jetzt gemeinsame europäische Regeln für Künstliche Intelligenz gegeben“, für die in den kommenden Jahren nationale Durchführungsgesetze folgen müssten, so Christmann. Dass angesichts der aktuellen Weltlage und des sich verschärfenden Wettbewerbs nun erste Stimmen laut werden, die den EU AI Act wieder in Frage stellen, sei „nicht meine persönliche Empfehlung“. „Wenn wir diese Debatte wieder von vorne beginnen, werden wir aus meiner Sicht in den nächsten Jahren Rechtsunsicherheit für alle haben“, so die Grünen-Politikerin.
Verlässliche Regeln für vertrauenswürdige KI
Stattdessen sei es entscheidend, die Regeln pragmatisch umzusetzen, „so dass Verlässlichkeit herrscht: Das sind die Rahmenbedingungen für Künstliche Intelligenz in Europa, und dann gibt es auch ein großes Potenzial, das selbstbewusst als Marke zu setzen: hier eine vertrauenswürdige KI zu haben, die ein besonderes Qualitätsmerkmal darstellen kann“.
Das sei auch eine große Chance für den KI-Standort Deutschland, gerade im Gesundheitsbereich, betonte Christmann. Die Bundesrepublik habe allerdings die Hausaufgabe, bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens mehr Pragmatismus an den Tag zu legen - damit der Datenschutz „nicht an der falschen Stelle eingesetzt wird“, um bestimmte Innovationen zu verhindern.
Pragmatische Umsetzung statt langer Debatten
Dass beispielsweise bei der elektronischen Patientenakte (ePA) Opt-out statt Opt-in der Normalfall sei, sei „ein Fortschritt, den wir nicht unterschätzen sollten“. Bei der Einführung habe sich gezeigt, dass sich nur drei bis vier Prozent der Menschen gegen die ePA entschieden hätten. Nach langen Debatten, ob ein Opt-out für die Patient:innen zumutbar sei, habe sich gezeigt: „Am Ende kommt es darauf an, einen Service oder ein Produkt zu haben, das den Menschen einen Mehrwert bietet, dann sehen sie auch einen Sinn darin, ihre Daten zur Verfügung zu stellen“.
Einen ähnlichen Pragmatismus wünsche sie sich auch für das anstehende Forschungsdatengesetz, so Christmann weiter. In der Debatte darüber, wer Zugang zu Forschungsdaten haben solle und wer nicht, sei es aus ihrer Sicht nicht klug, die öffentlich finanzierte Forschung als die Guten" zu etikettieren und die privat finanzierte Forschung grundsätzlich mit Skepsis zu betrachten. Wenn Deutschland ein erfolgreicher Gesundheitsstandort sein wolle, müsse auch die Gesundheitswirtschaft die Möglichkeit haben, auf Forschungsdaten zuzugreifen.