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Arztpraxen auf dem Weg zum digitalen Ökosystem

Portraitfoto von Jens Naumann im schwarzen Anzug und weißem Hemd

Jens Naumann, Geschäftsführer medatixx. Foto: medatixx

Die elektronische Patientenakte (ePA) startet. Immer mehr Arztpraxen nutzen digitale Anwendungen mit und ohne künstliche Intelligenz. Die ambulante Versorgung hat in Zeiten knapper Mittel ohnehin politischen Rückenwind. Fazit: Selten gab es bei einer DMEA so viele heiße Eisen für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zu diskutieren. Jens Naumann, Geschäftsführer des auf Arztpraxis- und MVZ-Software spezialisierten Unternehmens medatixx, will Praxen bei der digitalen Transformation nach Kräften unterstützen.

Die elektronische Patientenakte (ePA) drängt in die Versorgung, was nicht zuletzt für Arztpraxen ein wichtiges Thema ist. Inwieweit ist die ePA für Ärztinnen und Ärzte eine Unterstützung?

Was wir bei den meisten unserer Kundinnen und Kunden sehen, ist eine recht entspannte Erwartungshaltung. Viele glauben grundsätzlich, dass die ePA das Potenzial hat, die Informationsgrundlage zu verbessern – beginnend mit den Medikamenten. Eine echte Freude wird die ePA-Nutzung aber nur dann, wenn sie tief und ergonomisch in die Praxissoftware integriert ist.

Wie geht medatixx bei der ePA-Umsetzung vor?

Wir integrieren die ePA so tief wie möglich in alle unsere Praxissoftwarelösungen, von x.isynet und x.vianova über x.concept, x.comfort, EL und medatixx bis hin zu psyx, unserer Lösung für Psychotherapie. Was heißt das konkret? Nehmen wir die die elektronische Medikationsliste (eML). Sie befüllt sich auf dem ePA-Server mit den per eRezept verordneten und durch die Apotheke abgegebenen Medikamenten und verbessert damit die Informationslage im Versorgungsprozess. Diese Übersicht kann aus der ePA abgerufen und in die Praxissoftware übertragen werden. Hier könnte man es sich einfach machen und ein PDF generieren, aber das hilft den Praxen nicht weiter. Wir haben deshalb die eML in unseren Praxissoftwarelösungen auf Basis strukturierter Daten so umgesetzt, dass die Medikationsdaten für die eigene Dokumentation und Weiterverordnungen direkt übernommen werden können. Weiterhin begleiten wir die ePA-Einführung mit umfangreichen Informationen auf unserer Wissensplattform dip und mit spezifischen Fortbildungsmaßnahmen unserer medatixx-akademie. An unseren digitalen Anwendertreffen meet medatixx zum Thema ePA für alle haben bis heute bereits über 5.000 Kundinnen und Kunden teilgenommen. Andererseits gilt auch: So etwas wie die ePA gab es bisher in Deutschland nicht, da ist verständlich, dass der eine oder andere etwas verunsichert ist. Dagegen informieren wir an.

Die ambulante Versorgung wird auch von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und von Praxisverbünden bestritten, die oft regional, teils auch bundesweit agieren. Lohnt sich auch für diese Strukturen ein DMEA-Besuch an Ihrem Stand?

Auf jeden Fall. Im Bereich MVZ/Klinikambulanzen präsentieren wir auf der DMEA unsere neue Softwarelösung xentro, die sich an MVZs und große Organisationsstrukturen in der ambulanten Versorgung richtet. Solche großen Strukturen haben bei Themen wie beispielsweise Statistik oder Rollen- und Rechtemanagement höhere Anforderungen als Einzelpraxen. Diese bilden wir mit xentro ab – und erfahren bereits jetzt viel Interesse im Markt. Technisch ist xentro eine für diesen Sektor konzipierte Weiterentwicklung unserer erfolgreichen Praxissoftware medatixx.

Die ambulante Versorgung ist schon immer stark gesundheitspolitisch beeinflusst. Was erwarten Sie sich digitalpolitisch von der neuen Bundesregierung – und der DMEA?

Mehr denn je gilt: Wir brauchen klar definierte Verantwortlichkeiten bei den unterschiedlichen Akteuren. Die Ampel hatte mit dem GDAG-Gesetz einen Anlauf unternommen, der in vielen Punkten in die richtige Richtung ging. Das Gesetz hat es am Ende aber nicht mehr über die Ziellinie geschafft. Eine eindeutige Definition von Verantwortlichkeiten bleibt deswegen auf der Agenda, genauso wie die Präzisierung der Rolle der gematik mit klarer Abgrenzung zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Aufgaben. Darüber hinaus sollte die Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen in Richtung mehr Digitalisierungsfreundlichkeit fortgesetzt werden: Digitale Tools für Arztpraxen werden weiterhin teilweise ausgebremst. Es gibt zum Beispiel immer noch Obergrenzen bei den Videosprechstunden und Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Raumbindung von Online-Behandlungen. Solche Themen werden wir auch auf der DMEA ansprechen, um die Entscheider der neuen Legislatur dafür zu sensibilisieren. Nach wie vor halten wir es weiterhin für notwendig, Arztpraxen in Analogie zum Krankenhauszukunftsgesetz eine Innovationsförderung für IT-Lösungen anzubieten. Was die nächsten Schritte bei Telematikinfrastruktur und ePA angeht: Ehrliches Erwartungsmanagement und realistische Fristen sind da unser Wunsch – da spreche ich, denke ich, für die gesamte Branche.

Stichwort Gesundheitspolitik: Ein politischer Trend ist zunehmender Druck in Richtung mehr Interoperabilität. Praxis-IT-Systeme waren da oft nicht optimal aufgestellt. Ändert sich das?

Interoperabilität wird eines unserer großen Schwerpunktthemen bei der diesjährigen DMEA. Wir begrüßen, dass die Politik mit Strukturen wie dem Kompetenzzentrum für Interoperabilität (KIG) mehr Klarheit schaffen will. Es braucht Instanzen, die Standards definieren können und die über Hebel verfügen, sie durchzusetzen. Allerdings wollen und können wir nicht mehr darauf warten, bis das alles von staatlicher Seite etabliert ist. Deswegen stellen wir auf der DMEA unseren medatixx HealthHub vor, mit dem wir einen universellen, herstellerunabhängigen Datenaustausch mit unseren Praxissoftwarelösungen ermöglichen. Das wird es Arztpraxen deutlich erleichtern, innovative digitale Anwendungen an die eigene Praxis-IT anzubinden.

Die innovativen digitalen Anwendungen, die Sie angesprochen haben, nutzen ja immer häufiger auch KI. Welchen Mehrwert bringt das? Welche Anwendungsszenarien sind denkbar?

KI wird Ärztinnen und Ärzte künftig bei vielen administrativen Tätigkeiten und medizinischen Entscheidungen entlasten können; davon sind wir fest überzeugt. Denken Sie an Anwendungen, die Arzt-Patienten-Gespräche transkribieren und auf dieser Basis einen Vorschlag zur strukturierten Dokumentation unterbreiten und administrative Prozesse in der Praxissoftware auslösen – oder an Anwendungen im Bereich Früherkennung bestimmter Krankheiten oder zur Unterstützung von Diagnostik und Therapie. Wir werden ab dem zweiten Halbjahr 2025 beginnen, KI-basierte Assistenzsysteme für administrative und medizinische Zwecke für unsere Praxis-IT-Lösungen anzubieten – streng qualitätskontrolliert, versteht sich.