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„Wir vergessen, den Menschen weiterzuentwickeln“

): Ein Redner steht auf einer Bühne der DMEA vor einem großformatigen roten Hintergrund. Links ist das DMEA-Logo zu sehen, rechte eine Präsentationsfolie mit Darstellungen von Personen als Actionfigur

Prof. Dr. David Matusiewicz

Der Faktor Mensch werde in Zukunft noch wichtiger, erklärte der Gesundheitsökonom von der FOM Hochschule für Oekonomie & Management. Denn wenn Künstliche Intelligenz zu künstlicher Empathie werde, werde der persönliche Kontakt künftig als Quality Time gelten.

Bis heute werde das Thema Künstliche Intelligenz in der Medizin – insbesondere in der Branche selbst – oft kritisch gesehen, sagte Matusiewicz. Das Gesundheitssystem müsse sich aber dringend ändern. Und wenn KI Spaß mache, probierten es auch alle gerne aus. Er selbst habe sich neulich während einer Erkältung ein patentiertes Thermometer-Pflaster mit einem Chip darin aufgeklebt. Rund um die Uhr maß und meldete das Pflaster die Temperaturschwankungen – ein „Gamechanger“ sei das, denn: „Es gibt immer mehr Datenpunkte im Körper, vielleicht sehen wir irgendwann aus wie Weihnachtsbäume.“

„Wir schauen immer tiefer in den menschlichen Körper“, so Matusiewicz. Dabei würden immer mehr Daten gesammelt – was auch schwierig sein könne, denn: „Wer hilft mir, diese Daten zu interpretieren?“ Ob es um Temperaturschwankungen während einer Krankheit gehe oder die Ergebnisse eines Gentests: Die Interpretation solcher individuellen Daten sei schwierig, damit dürften Menschen nicht ratlos allein gelassen werden.

Mindset gegen die Rechtfertigungsbürokratie

Sein Ideal sei eine P4-Medizin: Diese sei personalisiert, präventiv, prädiktiv und partizipatorisch, erläuterte Matusiewicz. Bei der Digitalisierung der Medizin werde aber zu häufig der Faktor Mensch vergessen. Im Gesundheitssystem agierten Leistungserbringer:innen, Finanzierer:innen und Patient:innen eben nicht ständig rational, sondern aus ihren Emotionen heraus. Und so führten „potenzielle theoretische Risiken zu einer Rechtfertigungsbürokratie“. Um die Patient:innen seien wie bei einer Zwiebel „Tausende Schalen“ von Bürokratie gelegt, „an der alle mitverdienen“. Die Menschen im System seien der „stille Hebel“.

In einer klassischen Veränderungspyramide mit ihren neun Feldern wie Vision, Strategie oder Technologie gebe es ganz unten das alles entscheidende Feld: „Kultur und Mindset“ – der Faktor Mensch. Aktuell werde viel darüber geredet, was Maschinen alles können und Neues bringen, erklärte der Gesundheitsökonom. „Dabei vergessen wir, den Menschen weiterzuentwickeln. Wenn ich die Mitarbeiter:innen nicht mitnehme, ist das beste IT-Projekt gescheitert.“