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Der Umgang mit Gesundheitsdaten ändert sich endlich
Michael Waldbrenner, Geschäftsführer Deutsche Telekom Clinical Solutions GmbH im DMEA-Goldpartner Interview
Die Corona-Krise hat nicht nur die Digitalisierungsdefizite des deutschen Gesundheitswesens offengelegt. Sie hat unter anderem über die Corona Warn App auch die Bürger*innen als zentrale Akteure in der digitalen medizinischen Versorgung etabliert. „Dahinter sollten wir nicht mehr zurück“, sagt Michael Waldbrenner, Geschäftsführer Deutsche Telekom Clinical Solutions GmbH. Er freut sich darauf, bei der DMEA 2022 nach drei Jahren wieder vor Ort Gespräche führen zu können. Nicht nur, aber auch über die Umsetzung des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG). Hier rollt die Telekom mit ihrem überarbeiteten Krankenhausinformationssystem iMedOne, Patientenportalen, Cloud-Diensten und Security-Lösungen in vielen Krankenhäusern ein breites Spektrum an förderfähigen Angeboten aus.
Nach drei Jahren Abstinenz findet die DMEA in diesem Jahr wieder live und in Farbe statt. Wie wichtig ist das Zusammenkommen mit Kund*innen nach dieser unfreiwilligen Pause?
Durch die Möglichkeiten, die wir heute haben – Stichwort New Work – ist ein virtuelles Zusammenarbeiten prinzipiell Alltag geworden. Wir haben teilweise komplette Vertragsabschlüsse ausschließlich virtuell gemacht. Aber trotzdem ist es enorm wichtig, sich zumindest gelegentlich physisch auszutauschen. Und Zufallsbegegnungen wie sie auch auf einer Messe wie der DMEA stattfinden und aus denen manchmal Spannendes entstehen kann, gibt es online nicht. Deshalb freue ich mich auf die „Live“-DMEA.
Was würden Sie gern in die Post-Pandemie-Ära hinüberretten?
Ich habe den Eindruck, dass der berufliche Umgang miteinander insgesamt etwas lockerer und unkomplizierter geworden ist. Das finde ich sehr gut. Video-Meetings sind zumindest teilweise effektiver und oft besser vorbereitet. Und dann natürlich der umweltpolitische Aspekt: Geschäftsreisen wurden deutlich reduziert und damit wird der CO2-Fußabdruck. Zudem tragen die eingesparten Dienstreisen oder die Wege ins Büro auch deutlich zur Work-Life-Balance bei. Und das ist in Zeiten, in denen das Geschäft und die Entscheidungen immer schneller werden, für die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter*innen mitentscheidend. Das müssen wir im Sinne künftiger Generationen zwingend beibehalten.
Was das Gesundheitswesen angeht, hat die Corona-Pandemie allen gezeigt, dass eine zügigere Digitalisierung und Vernetzung unabdingbar sind. Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?
Die Pandemie ist ein Katalysator und hat die Digitalisierung des Gesundheitssystems nicht zuletzt auf politischer Ebene beschleunigt. Wir haben ein Feuerwerk an Gesetzesinitiativen gesehen. Einige sehr zielführend, andere weniger. Ab sofort müssen diese Impulse in die Realität umgesetzt werden. Das ist aber herausfordernd: Vor allem im Krankenhausbereich ist ein enormer Druck im Kessel. Zum einen wegen der auch im Krankenhauszukunftsgesetz, kurz KHZG, festgelegten sehr ehrgeizigen Fristen und zum anderen aufgrund des Mangels an Fachkräften. Da sind die Ressourcen im Moment sowohl auf Klinikseite als auch auf Anbieterseite teilweise sehr dünn. Unabhängig vom Versorgungssektor besteht in Deutschland weiterhin Nachholbedarf beim Thema Cloud. Es kann nicht sein, dass Landesdatenschützer Cloud-Lösungen im Klinikbereich ablehnen, obwohl sie laut KHZG explizit förderfähig sind. Zudem ist die Sicherheit der IT-Systeme Dauerherausforderung. Das haben die Ransomware-Attacken der letzten Zeit einmal mehr gezeigt. Kliniken bekommen den Schutz ihrer Systems ohne Unterstützung eines auf Security-Lösungen spezialisierten Anbieters nicht mehr gestemmt. Und last not least muss die intersektorale Vernetzung verbessert werden.
Da gibt es noch große Baustellen...
Auf jeden Fall. Die Telematikinfrastruktur als Autobahn der Digitalisierung ist noch längst nicht befahrbar. Dass beispielweise das E-Rezept im ersten Anlauf so krachend scheitert, ist peinlich für ein hoch technologisiertes Land wie Deutschland. Und auch Lösungen wie Patienten-Apps, mit denen Versicherte ihren Ärzt*innen ein Fax schicken lassen können, verursachen nicht nur bei mir Kopfschütteln. Das Thema Fax kennen wir dank Pandemie leider vom öffentlichen Gesundheitsdienst. Dort werden inzwischen immerhin digitale Schnittstellen implementiert. Auch das muss allerdings erstmal zu Ende gebracht werden. Zusammengefasst: Es wurden viele Dinge angeschoben, aber einiges fängt nur langsam an zu rollen.
Wo kann die Telekom zur Beschleunigung beitragen?
Viele Anbieter bei der DMEA waren und sind Nischenanbieter für Klinikinformationssysteme, kurz KIS, oder Spezial-Lösungen. Alle Anwendungen müssen stärker miteinander vernetzt werden. Als sehr breit aufgestellter Anbieter haben wir – und damit unsere Kund*innen – es da leichter als andere. Wenn ich mir die Liste der Fördertatbestände im KHZG anschaue, dann decken wir rund 80 Prozent davon ab. Von KIS-Integration über Patienteneinbindung bis Sicherheit, Cloud Services und Infrastruktur. Sagt zum Beispiel ein Kunde, er will kein WLAN, dann machen wir eine 5G Campus Lösung. Das können andere Anbieter nicht.
Die Krankenhäuser erhalten durch das KHZG rund 4,3 Milliarden Euro für die Digitalisierung. Wie hat sich das bisher auf die Nachfrage ausgewirkt?
Patientenportale stehen bei den Applikationen ganz oben auf der Wunschliste. Zudem alles, was mit digitaler Dokumentation im erweiterten Sinn zu tun hat. Ein ganz wichtiger Punkt ist die Einbeziehung der Patient*innen beziehungsweise Bürger*innen. Für die Telekom stand das schon immer im Fokus. Im Gesundheitswesen kommt der Wandel erst langsam an. Durch die Corona-Warn-App (CWA) mit ihren rund 43 Millionen Downloads sind sehr viele Menschen mit digitalen Versorgungsprozessen Kontakt gekommen. Das ist eine Basis, die man nutzen kann, wenn nicht gar muss. Endlich ändert sich der Umgang mit Gesundheitsdaten massiv. Die Telekom kann und wird mit ihrem Health-Portolio eine wichtige Rolle bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems in Deutschland spielen. Davon werden sowohl die Patient*innen als auch die Leistungserbringer wie Krankenversicherungen, die öffentliche Hand, die Kliniken, Ärzt*innen und auch Apotheken, denen wir unsere Lösungen anbieten, profitieren.
Ganz kurzer Blick nach vorn: Welche Themen werden künftig eine größere Rolle spielen als bisher?
Primär das Internet der medizinischen Geräte. Die digitale Integration von Geräten in medizinischen Einrichtungen und bei Patient*innen wird rasant zunehmen. KI-Lösungen werden dabei den immer größer werdenden Datenfundus auswerten und nach Mustern suchen. Diese helfen dabei, die Versorgung zu verbessern und Risiken zu reduzieren. Das wird mit einer zunehmenden Verlagerung von Daten und Analytik in die Cloud einhergehen. Zudem wird sich der dank des KHZG spürbare Trend zur Auslagerung von IT-Diensten fortsetzen.